SPD will Union vor sich hertreiben
In Sachen Mindestlohn will die SPD nicht klein beigeben: Berlins Regierungschef Klaus Wowereit kündigte an, den flächendeckenden Mindestlohn zum Dauerthema machen zu wollen - 7,50 Euro stünden jedem zu, der von seiner Arbeit leben will.
Berlin - Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat die Union im Streit über einen gesetzlichen Mindestlohn zur Vernunft aufgerufen. "Die CDU wäre gut beraten, ihren Widerstand dagegen im Interesse der Menschen aufzugeben", sagte Wowereit. "Wenn die CDU es nicht tut, wird die SPD sie weitertreiben"
Die SPD habe eine ganz klare Haltung dazu. Es habe sich gezeigt, "dass es vernünftig ist, einen Mindestlohn für jede Branche und für jede Region festzulegen", betonte der Berliner Regierungschef.
Die Menschen, auch die aus dem Mittelstand, hätten ein tiefes soziales Empfinden, dass Löhne so gestaltet sein müssten, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben können. Die Orientierungsgröße sei ein Stundenlohn von 7,50 Euro als Minimum. "Wenn die CDU bei ihrem Nein bleibt, wird es in dieser Legislaturperiode keinen Mindestlohn geben. Aber das wird der CDU nicht gut bekommen."
Wenn die Union nicht mitziehe, werde die SPD "dieses Thema in den anstehenden Wahlkämpfen, auch im Bundestagswahlkampf 2009 durchdeklinieren", kündigte Wowereit an. Wenn man den gesetzlichen Mindestlohn nicht einvernehmlich in der Großen Koalition regeln könne, "nutzt es auch nichts, faule Kompromisse zu machen".
Bofinger: Mindestlöhne "international gängige Praxis"
Rückendeckung bekamen die Sozialdemokraten vom Wirtschaftsweisen Peter Bofinger: "Lohnuntergrenzen sind eine international gängige Praxis, und es ist überhaupt nicht zu erkennen, dass sie zur Vernichtung von Arbeitsplätzen führen", sagte Bofinger der "Thüringer Allgemeinen". Dabei spiele es auch keine Rolle, ob sie über Branchen oder einheitlich gesetzlich eingeführt würden, "beides ist machbar".
Allerdings sollte ein branchen-übergreifender Lohn, auch mit Rücksicht auf Ostdeutschland, nicht zu hoch starten. Bofinger nannte eine Marke von 5,60 Euro, inklusive einer Steuergutschrift im Rahmen der Einführung einer negativen Einkommensteuer. "Wenn die Einkommen steigen, können auch die Preise anziehen", wird Bofinger zitiert. Davon würde die Wirtschaft am Ende profitieren.
Der SPD-Vorsitzende Kurt Beck stellte sich in der Mindestlohndebatte der Kritik aus der Wirtschaft und verteidigte seinen Kurs vor norddeutschen Managern: "Man darf nicht auf Löhne setzen, von denen man in der Regel nicht leben kann", sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident beim traditionellen Grünkohlessen der Unternehmerverbände Nord in Kiel. Wer Stundenlöhne von fünf oder sechs Euro zahle, spekuliere darauf, dass es eine Subventionierung durch öffentliche Gelder gebe. "Das ist ein seltsames ordnungspolitisches Bild."
Der Präsident der Unternehmerverbände Nord, Hans Heinrich Driftmann, sagte, der Mindestlohn verhindere Wettbewerb und vernichte Arbeitsplätze. Er warf Beck indirekt Symbolpolitik vor - damit könne man kurzfristig beim Wahlvolk punkten, dies diene aber nicht der Sache. Driftmann forderte außerdem: "Die Erbschaftsteuer muss weg." Die Unternehmer-Kritik an der Erbschaftsteuer konterte Beck unter Hinweis auf die soziale Gerechtigkeit. Hoffnungen auf Entlastungen für Unternehmen erteilte Beck eine Absage: "Ich sehe für absehbare Zeit keinen Spielraum für weitere Steuererleichterungen."
amz/dpa