Insolvenz-Profi übernimmt Pin - Betrieb soll weitergehen
Schlechtes Omen bei der grünen Privatpost Pin: Die Geschäftsführung geht an einen bekannten Experten für Sanierungen und Insolvenzfälle. Der will den Betrieb erst mal weiterführen - obwohl der Springer-Verlag als Noch-Eigner keine Rettungschancen mehr sieht.
Düsseldorf – Der Mann kennt sich aus mit harten Fällen: Nach den fehlgeschlagenen Verhandlungen mit dem Mehrheitseigner Axel Springer Verlag wird der Anwalt Horst Piepenburg neuer Chef des angeschlagenen Postdienstleisters Pin. Piepenburg hatte bereits den Anlagenbauer Babcock Borsig in einem Insolvenzverfahren erfolgreich saniert. Nach einer Verwaltungsratssitzung versprach er, er wolle "alle Optionen einer Fortführung der Unternehmensgruppe prüfen".
Unterstützt wird er von Hans-Joachim Ziems - er hat die insolvente Kirch Media Group saniert. Die Geschäfte von Pin sollen zunächst normal weiterlaufen. Die unmittelbare Gefahr einer Insolvenz bleibt - der Springer-Verlag hatte am Freitag mitgeteilt, keine Mittel mehr für Pin zur Verfügung stellen zu wollen. Der bisherige Pin-Chef Günter Thiel war am Dienstag zurückgetreten.
Die Rahmenbedingungen, die das Sanierer-Duo vorfindet, sind mehr als schwierig: Kurz vor ihrer Ernennung sind die Verhandlungen über eine Rettung gescheitert. Der Springer-Konzern teilte mit, bei der Verwaltungsratssitzung sei deutlich geworden, "dass die Gesellschafter kein gemeinsames tragfähiges Finanzierungskonzept für die Fortführung des Geschäfts der Pin Group gefunden haben". Dabei war Springer nach eigener Darstellung bereit, den eigenen 63,7-Prozent- Anteil an Pin für einen Euro abzugeben. Auch auf weitere Forderungen hätte man verzichtet. Dennoch habe aufgrund "inakzeptabler wirtschaftlicher Perspektiven" keine Einigung zur Fortführung erzielt werden können.
Die Beratungen der Gesellschafter hätten die Einschätzungen zu verschiedenen Szenarien nach der Bundestags-Entscheidung für die Einführung eines Post-Mindestlohns bestätigt, erklärte Springer. Bei optimistischen Annahmen zur Umsatzentwicklung wäre demnach "im besten Fall" ein weiterer Finanzierungsbedarf von 300 Millionen Euro in den nächsten Jahren erforderlich gewesen, "in anderen Fällen" bis zu 700 Millionen Euro.
Springer schreibt mehr als eine halbe Milliarde ab
Die Pin-Gesellschafter hatten am Dienstag bis in die Nacht über Finanzierungsmöglichkeiten verhandelt. Springer teilte nun weiter mit, dass sich für die eigene Bilanz "in dieser Situation" voraussichtlich ein Abschreibungsbedarf von bis zu 620 Millionen Euro ergeben werde. Dies werde sich negativ auf den Jahresüberschuss auswirken, nicht jedoch auf das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen. Weiter hieß es: "Im Konzernabschluss wird die Pin Group AG als nicht fortgeführte Geschäftstätigkeit und damit separat ausgewiesen." Springer hatte nach früheren eigenen Angaben in den vergangenen beiden Jahren rund 620 Millionen Euro in die Pin Group investiert, die ihren Sitz in Luxemburg hat.
Der Postzusteller zahlt nach eigenen früheren Angaben im Durchschnitt der Regionen etwa 7,40 Euro Stundenlohn. Nach dem Bundestagsbeschluss sollen vom Jahresbeginn an Untergrenzen von 8,00 bis 9,80 Euro gelten.
itz/dpa/AFP/ddp